Der Hype um Methadon in der Krebstherapie - Berichterstattung  weckt bei Patienten falsche Erwartungen

28. Juni 2017 - In der vergangenen Woche hat es auf Stern.TV einen Bericht zu Methadon in der Krebstherapie gegeben. Es ist der letzte in einer ganzen Reihe von Berichten, die in den vergangenen Wochen zu diesem Thema gelaufen sind. Ausgelöst wurde die Berichtslawine durch einen Beitrag in der Tagesschau24 des Bayerischen Rundfunks. Darin wurde der Eindruck erweckt, dass eine Behandlung mit Methadon bei Patienten mit Tumoren die Wirkung von Chemotherapien verstärkt und so zu einer fast vollständigen Zerstörung der Tumoren führen kann.  

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Methadon beziehen sich allerdings zurzeit noch ausschließlich auf vorklinische Experimente, entweder mit Zellkulturen oder tierexperimentellen Studien. Diese Daten lassen sich aber nicht automatisch auf die Situation beim Patienten übertragen.

Die 80 erfolgreich behandelten Patienten, von denen die Medienbeiträge berichten, sind nicht im Rahmen von klinischen Studien behandelt worden, sondern haben Methadon entweder als Schmerztherapeutikum bei Tumorschmerzen oder im Rahmen eines „off label“-Einsatzes des Medikaments erhalten. Das berichtet die Ulmer Uniklinik, an deren Institut für Rechtsmedizin die Daten zu Methadon erhoben wurden. Anhand dieser Daten lasse sich aber nicht beurteilen, ob der Therapieerfolg tatsächlich auf Grund der Einnahme von Methadon eingetreten sei.

Die Berichterstattung zum Thema „Methadon in der Krebstherapie“ sieht die Frauenselbsthilfe nach Krebs sehr kritisch. Die Darstellungen wecken bei Menschen mit einer Krebserkrankung unrealistische Erwartungen. Laut Uniklinik Ulm gibt es Berichte, dass Patienten im Glauben an die Wirksamkeit von Methadon gut wirksame Therapiekonzepte für sich abgelehnt haben. Die Ulmer Forscher weisen außerdem darauf hin, dass Methadon erhebliche Nebenwirkungen haben und die Lebensqualität der Patienten deutlich einschränken kann.

Die Frauenselbsthilfe nach Krebs schließt sich daher gemeinsam mit dem Bundesverband „Haus der Krebs-Selbsthilfe“ der Forderung der Ulmer Uniklinik an, dass nun zunächst von der öffentlichen Hand finanzierte Studien durchgeführt werden müssen, um die Frage der Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Methadontherapie bei Patienten mit Tumorerkrankungen nach etablierten wissenschaftlichen Standards zu klären.

Dazu gehört die Methode der evidenzbasierten Medizin (EbM), also der "beweisgestützten Medizin", die sich nicht allein auf individuelle praktische Erfahrungen stützt, wie im Fall der 80 angeblich erfolgreich behandelten Patienten, sondern auf Belege ("Evidenz“), die mit objektiven wissenschaftlichen Methoden erhoben werden.

Bericht der Ulmer Uniklinik*

*Aktualisierung 11. Juli 2017:  Die Universität hat den Bericht aus dem Netz genommen.

Internetredaktion der FSH