Krebs-Selbsthilfe einmal anders: Deutsch-polnischer Austausch beim therapeutischen Reiten

Liegt das Glück der Erde wirklich auf dem Rücken der Pferde? Sechs Frauen der FSH Gruppe Cottbus- Sandow probierten es einfach aus. Sie besuchten ein Hippotherapie-Lager im deutsch-polnischen Begegnungszentrum Przylep und konnten dort nicht nur Erfahrungen mit dem therapeutischen Reiten sammeln, sondern auch Kontakte zu Frauen einer polnischen Krebs- Selbsthilfegruppe knüpfen. Vermittelt worden war der Aufenthalt durch die Behindertenbeauftragte der Stadtverwaltung Cottbus.

Ein anderes Land, eine andere Sprache, andere Menschen und vor allem Pferde erwarteten uns – sechs Frauen der FSH-Gruppe Cottbus-Sandow und zwei Frauen einer freien Gruppe –, als wir im Herbst 2011 nach Polen reisten, um dort im Rahmen der Städtepartnerschaft zwischen Cottbus und Zielona Gora an einem Hippotherapie-Lager im deutsch-polnischen Begegnungszentrum Przylep teilzunehmen.

Dort trafen wir mit elf polnischen Frauen zusammen, ebenfalls Mitglieder einer Krebs- Selbsthilfegruppe. Sprachbarrieren mussten wir nicht überwinden, denn wir wurden während des gesamten Aufenthalts von einer Dolmetscherin begleitete. Außerdem beherrscht eine Teilnehmerin unserer Gruppe die polnische Sprache ebenfalls perfekt.

Ohne Sattel und Steigbügel

Gleich am ersten Tag in Przylep begann die Reittherapie in gemischt deutsch/polnischen Gruppen. Ohne Sattel und Steigbügel sind wir auf die Pferde gestiegen, nicht ganz einfach, aber mit Hilfe der Therapeutinnen haben wir es geschafft. Es war ein tolles Gefühl, die Wärme und die Bewegungen der Tiere direkt und unmittelbar zu spüren.

Die Therapeutinnen erklärten uns, dass allein durch die rhythmischen Schwingungen des Pferdes bereits viele Muskelgruppen aktiviert würden. Das lockert und stärkt besonders die Tiefenmuskulatur. Doch bei der Hippotherapie geht es nicht nur um den physischen, sondern auch um einen psychischen Aspekt, nämlich die Fähigkeit, loslassen zu können und Vertrauen zu gewinnen.

Während der ersten Stunde gewöhnten wir uns zunächst nur an die Pferde und die ungewohnte Bewegung. Schon in der zweiten Stunde begannen die Übungen auf dem Pferd wie zum Beispiel freihändiges Reiten oder das Reiten mit geschlossenen Augen. Dann ging es in die freie Wildbahn. Wir begannen auszureiten. Und jeden Tag konnten wir diese Ausflüge durch die Wälder der Umgebung mehr genießen.

Die Reittherapie endete schließlich nach zehn Tagen mit einem kleinen Turnier in der Reithalle. Für diesen Tag hatten sich unsere Therapeutinnen und die polnischen Frauen etwas ganz Besonderes ausgedacht. In bunten Kostümen absolvierten wir hoch zu Pferde einen Hindernisparcour in der Reithalle. Dabei durften wir erstmals die Zügel selbst in die Hand nehmen und unser Pferd leiten – zuvor waren wir geführt worden. Das war für uns ein aufregender Abschluss der Reitstunden. Am Ende des Turniers waren wir alle Sieger.

Neben dem Reiten gab es noch viele weitere Angebote, die unseren Aufenthalt in Przylep bereicherten: So stand täglich Wassergymnastik im sehr schönen, neuerbauten Schwimmbad auf unserem Programm. Ein sehr temperamentvoller Übungsleiter brachte uns mit seinen muskelaufbauenden Übungen trotz kühlen Wassers schnell zum Schwitzen.

Viele weitere Angebot

Ebenfalls täglich wurde Bewegungsgymnastik angeboten, die direkt auf unsere Brustkrebserkrankung zugeschnitten war. Dieses intensive Training hat uns allen sehr viel gebracht. Die Therapeutin zeigte uns beispielsweise wichtige Übungen zur Vermeidung von Lymphödemen.

Nordic-Walking ist auch bei den polnischen Frauen sehr beliebt, so dass sich schnell deutsch/ polnisch gemischte Gruppen fanden, die je nach Belastbarkeit und Leistungsvermögen gemeinsam liefen. Ganz nebenbei wurde bei all diesen Unternehmungen die deutsche bzw. polnische Sprache geübt.

An einem Tag während unseres Aufenthaltes fand ein „Marsch der Hoffnung“ statt. Organisiert wurde er durch das Gesundheitsministerium und die Koordinierungsstelle „Brustkrebs“ im Bezirk Zielona Gora. Ziel dieser Aktion war es, mehr Frauen dafür zu sensibilisieren, an den Früherkennungsuntersuchungen für Brustkrebs teilzunehmen. Wir beteiligten uns gern an diesem Marsch, was sehr gewürdigt wurde. Die Organisatoren begrüßten uns deutsche Frauen über Lautsprecher.

Marsch der Hoffnung

Alle Teilnehmerinnen des Marsches waren ausgestattet mit rosa Luftballons, rosa Schleifen und rosa Regenschirmen. Wir zogen in Zielona Gora von der Philharmonie bis zur Universität, wo anlässlich der Aufklärungskampagne „Brustkrebs und Gebärmutterhalskrebs“ eine große Frauenkonferenz stattfand. Am Abend wurde dieser „Marsch der Hoffnung“ im polnischen Fernsehen übertragen. Und wir waren dabei!

Bei den Medien stieß aber nicht nur der Marsch, sondern auch das Hippotherapie-Lager in Przylep auf großes Interesse. Das Fernsehen erschien zu Filmaufnahmen. Regionalsender kamen zu Interviews. Und alle wollten wissen, wie uns diese Form der deutsch-polnischen Zusammenarbeit gefällt und ob wir uns vorstellen könnten, diese zu intensivieren.

Es waren wunderschöne Tage in Polen. Neben der Hippotherapie und den anderen sportlichen Unternehmungen ermöglichte uns das Treffen mit den polnischen Frauen, Erfahrungen auszutauschen. In vielen Gesprächen berichteten wir uns gegenseitig über die Schwierigkeiten, mit denen eine krebskranke Frau im jeweiligen Gesundheitswesen zu kämpfen hat. Der Elan und der Lebensmut der polnischen Frauen beeindruckten uns in diesen Gesprächen sehr.

Die polnischen Frauen organisierten für uns einen sehr temperamentvollen Abschiedsabend mit einem tollen Programm und gutem Essen, an dem so manche Freundschaft geschlossen wurde. Diesen Abend werden wir so schnell nicht vergessen.

Mit einem dreifachen „Danke, Danke, Danke - dziekuje, dziekuje, dziekuje“ und herzlichen Umarmungen verabschiedeten wir uns von unseren neuen polnischen Freundinnen. Wir werden die gemeinsamen Tage immer in Erinnerung behalten und uns hoffentlich alle auch einmal wiedersehen.

Christa Ziegler
Gruppe Cottbus-Sandow